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An Daniel B., 18. 11. 1999, Hölstein, Basel-Land

Lieber Dani! Wir hatten vor längerem Deine beiden Anrufe wegen der an Dich geschickten Abrechnung auf unserem Beantworter. Wir waren damals ziemlich überrascht von Deiner heftigen Reaktion - überrascht und auch hilflos. Irgendwie hatten wir den Eindruck, dass da andere Frusts mit in diese Sache hineingeschlüpft sind, vielleicht auch Frusts in Zusammenhang mit der Holdenweid, in die Du doch während einer ganzen Zeit viel Energie - auch Fürsorge und Liebe - investiert hast.

Was die Sache selbst angeht, so möchte ich Dich bitten, Deine harte Linie nochmals zu überdenken. Ich kann mich nicht mehr an alle Details erinnern - weder an die Dir geschickte Zusammenstellung der noch  ausstehenden Beträge noch an Deine detaillierte Stellungnahme auf dem Beantworter -, doch dass Du z.B. Fr. 100.- für verloren gegangene Dinge (Jacke, Tablett etc.) abziehen wolltest, das ist doch einigermassen absurd. Oder was würdest Du sagen, wenn ich von Dir noch Fr. 30.- oder Fr. 80.- oder irgend einen Betrag möchte, weil ich meinen Schlafsack oder meine Chopin-CD vermisse? Da würdest Du doch vermutlich sagen, dass Du für diese Dinge nicht verantwortlich seist, oder? Ich würde es ja verstehen, wenn Du einem Menschen, der Deine Jacke verschlampt hat, eine Rechnung stellen oder sonst einen Ersatz fordern würdest, aber wir sind doch nicht Deine Kindermädchen, die Dir Dein Zeug hinterhertragen und auf alles aufpassen müssen! Ich denke, das würdest Du im umgekehrten Fall ganz ähnlich sehen!

Dann der Punkt mit der Entsorgung des Mülls, die Du "nicht in Auftrag" gegeben habest und für die Du dem entsprechend auch keine Kosten übernehmen wollest! Ich will über diese Summe nicht märten -, das ist mir einfach zu blöd! Aber aus meiner Sicht enttäuscht mich diese Haltung doch ziemlich -  sie enttäuscht mich und ärgert mich. Schau, vielleicht war unter dem von Chuen, Peter und mir Ende September oder Anfang Oktober entsorgten Müll wirklich vieles darunter, das Du nicht hierher gebracht und für das Du damit vielleicht wirklich nicht verantwortlich bist. Aber hast Du nicht immer wieder gewünscht, dass man sich um die Holdenweid kümmern solle? War Dir eine gewisse Gepflegtheit und Ordnung hier oben nicht auch ein Anliegen? Und dann: Wer weiss schon, was von diesem Abfall von wem ist? Du hast Deine Vorfenster ja genossen. Nun, ein Teil des Mülls war  Altglas und alte Fensterrahmen. Und dann die Polstergruppe auf der Veranda ... Schau, Du kannst da bei jedem Posten sagen, dass Du damit nichts zu tun hast. Diese Haltung finde ich einfach mikrig. Sie ärgert mich um so als Du an dem Aufräumtag auf der Holdenweid im Juni soweit ich mitgekriegt habe keinen Finger gekrümmt hast: Zuerst hast Du gesagt, der Tag gehe nicht, weil Du dann Schwitzhütte machen wollest. Dann, als die Schwitzhütte nicht stattgefunden hat, bist Du irgendwie sonst durch die Gegend gekurvt. Immerhin hast Du uns ja an dem Abend, als wir diesen Termin vereinbart haben, gesagt (so jedenfalls meine Erinnerung), dass Du solchen Gruppenaktivitäten ohnehin nicht so magst, und dass Du lieber während der Sommerferien, wo Du zudem auch sehr viel Zeit hast, etwas für die Holdenweid tun würdest, was diesem Aktionstag entspreche. Und - was  war Dein  Aktionstag? Hast Du wirklich etwas gemacht oder hat Dir alles hier oben zu sehr gestunken? - Schau mal: David und Simone, die Du tendenziell immer wieder als verantwortungslos etc. bezeichnet hast, haben Beide an dem Tag für die Holdenweid gearbeitet, aobwohl Simone am selben Abend auf die Alp gefahren ist und David damals schon wusste, dass Er selbst von Tag nichts mehr hat, da er ja auszieht! Das fand ich - als jemand der hier bleibt und hier leben will - wirklich toll! Diesen Einsatz für die Holdenweid habe ich von Dir in diesem Sommer nicht gespürt. Wenn Du Dich dazu durchringen könntest, den von uns Dir zugerechneten Betrag für die Müllentsorgung einfach so zu bezahlen, dann wäre das von mir aus ein kleines Zeichen der Wertschätzung für das, was wir hier getan haben.

Oje,  Dani. Ich weiss gar nicht, ob ich noch weiter herumargumentieren soll. Fr. 15.- willst Du vom Strom abziehen, da Du im Sommer wenig dagewesen seist! Gleichzeitig hast Du mehrmals gesagt, Du wolltest, solange Du noch hier wohnst, nicht als Auslaufmodell und gewissermassen  bereits  Ausgezogener behandelt werden. Du willst also als Voll-WG-Mitglied ernst genommen werden, aber Deine Stromrechnung willst Du nicht voll bezahlen ... Mit dieser Kleinkrämerei kommen wir doch nicht weiter! Ich habe im ganzen Sommer NIE Strom für elektrisches Licht gebraucht. Wie viel bezahlst Du mir dafür? Und dann: Welchen Tagessatz haben wir für die Benutzung der Veranda durch Susann während ihrer Prüfungsvorbereitungen vereinbart? Und  welche Firma willst Du mit der Entsorgung der A-Buletins beauftragen, die noch hier in unserem Gang stehen, und welchen Stundenlohn kriegen Julia und ich für das Aufräumen der Küche und das Wegschmeissen unzähliger mottenbefallender, zum Teil noch von Dir stammender Lebensmittelreste ...Oder müssen wir für diese noch Schadensersatz bezahlen. Und wieviel müssen wir bezahlen, wenn Dein Fasnachtskostüm auf dem Estrich (es ist doch Deines, doer nicht?) in den nächsten vier Jahren einmal verloren gehen sollte? Und was hast Du eigentlich an David oder Johanna für die Vorfenster bezahlt und und und und und und

Ich denke, dass Du irgendwo in Dir drin einverstanden bist, dass das für Dich etwas traurige Ende auf der Holdenweid durch derartiges Feilschen nicht besser wird! Ich will deshalb auch nicht mehr weiter argumentieren und streiten. Wir haben sehr schöne Dinge zusammen  erlebt - gerade das Dasein von Susann habe ich sehr  genossen! - und wir haben auch weniger schöne Dinge zusammen erlebt. Schön, dass es war, wie es war; Schade, dass es nicht besser war!

Chuen und ich haben die Beträge ausgelegt. Ich schicke Dir heute einen Einzahlungsschein, damit Du Deinen Teil bezahlen kannst. Wir haben versucht, alle ausstehenden Dinge gerecht  aufzuteilen und zu verrechnen. Man könnte es natürlich auch anders machen, sodass am Ende Fr.28.- oder Fr.42.80 mehr oder weniger für diesen oder jenen Menschen abfallen würde! Unsere Lösung ist so gut und so schlecht wie jede andere. Aber betrügen tun wir Dich sicher nicht! Deshalb lass Dir das ganze nochmals durch den Kopf gehen und dann mach, was Du für gut befindest. Wenn Du nicht alles bezahlst übernehme ich den Rest, nicht weil ich das Gefühl habe, ich müsse das tun, aber weil es mir zu blöd ist, über solche Dinge mit Dir zu feilschen!

In der Hoffnung, dass sich Dein / Euer neues Leben in Basel gut entwickelt und Ihr es gut habt miteinander grüsse ich Dich herzlich,