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An Franck B., 8. Mai 2017, Basel

Lieber Frank! Austauschen? Ich weiss nicht so recht. Arbeitssachen eher nicht. Sonst schon. Naja: Umzuziehen, dass interessiert mich eher; es ist ja auch konkreter, es geschieht mitten in Basel und vielleicht schon in einem halben Jahr ... Aber einen Verein wieder zu beleben, der sich in Kongo engagiert und dort helfen will – da bin ich mehr allein. Es bewegt sich schon, aber wenn ich nicht wieder und wieder dränge, dann geschieht nichts.

Auch das stimmt eigentlich nicht: Ich könnte auf den Claraplatz gehen und Flyers verteilen und die Leute ansprechen. Ich könnte auch alleine gehen, nur hin und zurück bräuchte ich Hilfe! Aber DA  habe ich Angst, nur: warum eigentlich? Sicher, ich müsste mich wieder öffnen und neues lernen, akzeptieren, dass ich es jetzt anders mache als vor dem Hirnschlag ... Warum habe ich Angst?

Ich habe vieles vergessen: ich weiss nicht mehr, wo ich das Handy habe, ich müsste mir ein neues Handy kaufen, aber wer kommt draus mich zu erinnern, das ich das tun wollte? Also ohne Handy. Das geht ja auch ... Ich verheddere mich immer mehr ... Am Schluss gebe ich auf – schon auch weil die Freunde und Assistentinnen mich nicht mehr puschen ...

Ich überlege: als Blinder habe ich vieles gemacht, was Sehende machen. Es war für mich normal, dass ich es anders machen muss und da habe ich es einfach anders gemacht. Aber damals war ich 12 oder 13, jetzt bin ich 61. Damals habe ich auch nicht alles in einem Monat geschafft, aber jetzt ... Probiere es. Du kannst vieles, aber wenn du nicht anfängst, dann ...

Weisst du, ich MUSS weiter gehen, sonst bin ich tot. Aber wie ... that is the question! – Es tat gut, dass du mir zugehört hast -  oder wenigstens so getan hast wie! Danke!  - Ganz herzlich, Martin