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Interview mit Josephine Näf Marfurt

Ungefähr 1990 hat Martha Hofmann Näf, meine Tante, Die eigene Mutter interviewt. Ich habe den Text gekürzt und verschriftlicht. – Martin Näf, 2023

Kindheit , Schule und Ausbildung
Ich bin 1899 in Wollhausen im Entlipuer geboren worden. Ich habe noch zwei Schwestern und einen Bruder. Ich bin die Jüngste gewesen. Ich wurde verwöhnt, klar, das ist so! Wir haben nicht viel von den Eltern gehabt. Wir haben eine Stube gehabt, wo wir gespielt haben, und eine grosse Terrasse, wenn es schön war. Auf die Strasse durften wir nicht. Die Mädchen von der Waschfrau kamen uns manchmal abholen, und dann durften wir raus. Aber bald hiess es wieder heim und im Stubeli spielen. Da hat es zwischendurch auch Streit gegeben. Der Bruder und die älteste Schwester Emili mussten in die Schule.
Marie und ich hatten Klavierstunde; wenn wir üben sollten, dann gerieten wir uns manchmal in die Haare, wer jetzt zuerst dran sei.
Der Advokat Wüscht und die Familie haben auch noch bei uns gewohnt, und die Kinder Margrit und Eugen haben auch mit uns gespielt. Aber dann haben sie ein Haus gebaut, und dann waren wir allein.
Die Marie musste jetzt auch in die Schule. Da war ich ganz allein. Da kam die Grossmutter von Altishofen, und hat mir eine Katze gebracht. Ich habe mich sehr gefreut wieder ein lebendiges Geschöpf bei mir zu haben. Ich wollte sie im Stube Wägeli fahren, aber das hat die Katze nicht begriffen. Sie hat Junge gekriegt. Die haben so verklebte Augen gehabt. Ich habe sie gewaschen. Aber dann mussten sie weg. Die Katze hat auch Mäuse und Vögel gefangen, aber da habe ich mit ihr geschimpft, und das hat es gar nicht gern gehabt.
Wie ich in die Schule gekommen bin, da waren wir 54 in der Klasse. Wir hatten einen alten Lehrer, so um 74 herum. Die Buben haben uns Mädchen unter dem Bank gezwickt, und der Lehrer ist mit einem Stecken herumgesprungen, aber das hat nicht viel genützt. In der dritten und vierten Klasse hatten wir viele Lehrerwechsel. Der Lehrer Schweckler war auch eine Zeit lang mein Lehrer in Wollhausen. In der Sekundarschule Gab es nur eine Klasse.
Emili musste ins Welschland Zu einer Lehrerin; wir haben sie fast nicht mehr erkannt wie sie wieder heim gekommen ist, so dick ist sie geworden. Marie ist nach Cham in ein Institut gekommen. Ich habe sie mit meinem Vater einmal besucht, und Da habe ich gesagt, da hin gehe ich nicht. Jetzt war ich dran. Margrit und ich waren in einem Vorkurs, und dann musste ich ein Jahr nach Menzigen in die zweite Realschule. Dann musste ich Arbeiten und Marie hast im Welschland ein Jahr Französisch gelernt.
Ich habe alles gemacht: Holz im Schopf geholt, wir haben keinen elektrischen Herd gehabt, in der Küche geholfen, die Schuhe habe ich geputzt, im Garten gejätet, Gläser gespült und im Restaurant geholfen, wenn es nötig war. Emilie hat gekocht und geputzt, weil die Mutter viel krank war. Die Mutter hat junge Mädchen angelernt, und Emilie ist ein halbes Jahr nach Zürich gegangen und hat eine richtige Kochschule besucht! Sie konnte auch Nähen und sie bemühte sich den jüngeren Geschwistern diese Sache beizubringen, aber wenn sie immer im Befehlston anfing zu erklären, dann weigerten wir uns, also das hat nicht so geklappt.
Um halb Neun Uhr abends hat es geheissen: Hopp ins Bett.
Wir Mädchen haben auch in der Wirtschaft helfen müssen, da wir zwischendurch nicht genug Personal hatten. Heinrich hat in Luzern die Kantonsschule besucht und eine Kaufmännische Lehre Gemacht. Dann ist er nach Italien und dann direkt nach Paris.
Ja und dann bin ich an die Reihe gekommen: Ich musste nach Genf zu einem Vierjährigen Mädchen. Die Madame war eine Engländerin. Sie hat Englischstunden gegeben und der Mann ist gar nie da gewesen. Dann musste ich mit dem Mädchen stundenlang in der Stadt spazieren und Ordnung machen und ein bisschen kochen. Das war schön, aber nach einem Jahr hatte ich genug.
Die Mutter half schon, aber Emilie hat doch die Hauptsächlichen Arbeiten gemacht. Sie war darum froh, dass ich jetzt wieder daheim war, so konnte sie weitere Kurse und Weiterbildungen in Zürich machen.
Ich habe im Tessin ein bisschen italienisch gelernt, während ich dort in einem Restaurant gearbeitet habe. Aber dann hat einer telefoniert, die Mutter hat eine Darmverwicklung Und man muss sie operieren. Da wollte ich heim, weil ich Angst um die Mutter hatte! Ja, dass ist Schade, ich habe nie mehr italienisch gelernt, und ich wollte doch so gern in der Eintracht Italienisch sprechen, weil wir damals so viele Italiener von der Baufirma Ranzi hatten. Ich habe noch einmal einen Anlauf genommen, Italienisch zu lernen, aber Lehrer Muff hat nicht genug Schüler zusammen gekriegt, also hat es auch nicht sollen sein.
Der Vater hat Freude gehabt an uns drei Mädels, aber Wir haben auch viel gemacht, zum Beispiel Schweine Mesten. Vater hat kleine Kartoffeln von den Bauern gekauft, die haben wir gekocht, gesalzen , zerstampft und in ein Fass getan. Dann noch Mais gekocht. Das haben wir alles gemacht. Einmal habe ich auch ein Huhn schlachten müssen. Der Vater hat es mir gezeigt und gesagt, man weiss ja nie!
Ja und dann hat Marie Marfurt geheiratet, einen Sepp Lustenberger. Er war kaufmännischer Angestellter. Schon bald kam ein erstes Mädchen auf die Welt: Ruth. Wir haben dann eine Hilfe in der Küche gekriegt.
Ich habe fürs Leben gern getanzt. Es juckt mich noch jetzt , 90 jährig, manchmal, aber der Kopf macht nicht mehr mit! Wir sind in die Stadt tanzen gegangen wenn Fasnacht war. Das muss ich auch noch erzählen. Wir haben in der Schule geraucht. Der Lehrer hat es natürlich gemerkt. Er hat Uns einen Zettel mitgegeben und hat gesagt, den bringt ihr Morgen vom Vater unterschrieben mit in die Schule. Oh je. Ich bin zuerst zur Mutter gegangen. Sie hat gesagt, ja Mädchen, du muss dem Vater alles sagen. Mein Vater hat im Garten die Bänke und Stühle versorgt, und da hab ich gebeichtet. Er hat geschmunzelt und gesagt, ist es dir schlecht geworden? Nein, hab ich gesagt. „Ja dann. Wenn es dir schlecht wird, dann hörst du sowieso auf zu rauchen." Und dann der Kirchenchor! Wir wollten in den Kirchenchor, aber wie wir gefragt haben, da hiess es, liberale wollen wir nicht im Kirchenchor! So ist das damals gewesen!
Ich war noch in Zug in einer 3 monatigen Kochschule, da ist Marie noch zuhause gewesen. Die Schwestern waren die gleichen wie in Menzingen. Wir haben uns gefreut, wieder zusammen zu sein, Und wir haben gelernt zu kochen.

Heirat und Hochzeitsreise
Ja dann hätte ich heiraten müssen. Ein Mann im Dorf hätte mich geheiratet, aber ich wollte den nicht. Und dann ist Herr Näf aufgetaucht. Er hat telefoniert und dann sind wir spazieren gegangen. Er war Postangestellter; jetzt arbeitete er in Wollhausen. Er hat gesagt, am liebsten möchte ich mich an Weihnachten Verloben und im Frühling heiraten. Das haben wir dann auch gemacht. Am 2. Mai 1922 haben wir in KehrSiten Am Vierwaldsteter See geheiratet. „Die Heiratspotographie hat er selbst gemacht. Ich musste mich hinstellen, und dann Hat er den Auslöser gedrückt und hat sich neben mich gestellt. Aber dann hiess es, umziehen und Mittagessen. Um zwei wartet ein Ruderboot auf uns!"
Ja, und dann waren wir 10 Tage im Tessin auf der Hochzeitsreise. Ich habe das obere Tessin so wandernd kennengelernt. Und dann waren wir noch in Mailand Da hatte ich meine erste Glace. Am nächsten Tag fuhren wir nach Genua. Der Kutscher, der uns ins Hotel bringen sollte, machte einen grossen Umweg. Da hat der Vater geschimpft und er hat nicht mehr bezahlt wie ausgemacht war. Im Hotel haben wir ein grosses Zimmer bekommen. Aber abschliessen konnte man es nicht. Wie wir ins Bett wollten haben wir dann eine Kommode vor die Tür geschoben. Und dann waren wir noch in Ventimilia. Das Hotel dort hat uns auch gefallen. Wir sind auch nach San Remo und Bedaletti Oder wie es heiss, und nach Monte Carlo bis nach Nizza. Ich musste immer wieder stehen bleiben und die Blumen bewundern, und der Baba hat gesagt, komm, sonst ist der Zug schon weg!
In Nizza haben wir Hunger gekriegt. Wir sind in ein Restaurant. Wir haben die Speissekarte Angeschaut und der Kellner hat uns was Empfohlen. Das haben wir bestellt, ohne zu wissen was es ist. Es war eine ganz schwarze Suppe. Wir assen ein bisschen von der Suppe und dann zahlten wir und verliessen das Restaurant. Es war eigenartig, das Mittagessen.
Wir waren einmal in Zug Unterwegs. Baba hat gesagt, komm, wir gehen ins Erstklassabteil, die zweite Klasse ist so schmutzig! Ja, und wie wir abgesessen sind, da hat er den Hut auf die Ablage getan. Wie wir ausgestiegen sind und er den Hut wieder auf den Kopf setzen wollte, da hat er auf der Unterseite schwarz ausgeschaut so russig War das Abteil! Und dann habe ich etwas gegessen, was nicht mehr gut gewesen ist, vielleicht ein Obst. Ich habe an den Armen Juckreiz bekommen. Baba hat gesagt, wir gehen in Die Apotheke. Der Apotheker hat mir Essig und Puder gegeben, und einige Tage später habe ich nichts mehr gespürt. Ja, wir waren noch am Meer. Das hat mir ein bisschen Angst gemacht, weil das Wasser so hoch gespritzt ist. Da wollte ich weg! Wir sind dann nach Turin. Da hatten wir wieder ein gutes Hotel.
Baba ist mit mir in ein Museum, weil es geregnet hat. Wir mussten natürlich Eintritt zahlen. Aber wie wir den ersten Saal betraten, da hat ein anderer schon die Hand ausgestreckt! Immer ist ein anderer da gestanden! „Verstosch, dorum gang i nidt gern ins Museum." Mir hat es trotzdem gefallen, die Mumien und alles.
Ausserhalb Turins haben wir eine Kirche oder eine Kapelle angeschaut. Einer schlief in einem Park, und Baba hat ihn fotographiert. Wie wir wieder raus kamen, da kamen sie und verlangten Geld, Soldi! Ja, es ist ein bisschen Gefährlich gewesen dort oben. Sie folgten uns eine ganze Zeit lang. Aber es ist weiter nichts geschehen. Ja, und dann machten wir uns auf den Heimweg. Am Lago Majore Entlang und dann nach Lugano. Da hatten wir wieder ein gutes Hotel beim Bahnhof. Ascona haben wir auch besucht, Baba ist ja einige Male dort in den Ferien gewesen. Und dann haben wir auch noch die Insel Brisago gesiehen. Ja, und dann Heim, nicht mehr nach Wollhausen sondern nach Luzern in eine Dreizimmerwohnung am Paradeplatz.
Baba hatte anscheinend auch etwas aufgelesen, und da hiess es sofort nach Menznau zu gehen. Da hatte ich nichts mehr zu sagen. Mutter ging mit dem Sohn hoch in den ersten Stock und ich konnte unten sitzen. Das ist schlimm gewesen. Nach zwei Tagen war es wieder vorbei. Wir fuhren zurück nach Luzern. Baba musste wieder Arbeiten; die vier Wochen waren um. Ich blieb daheim.
Da klingelte es an der Wohnungstür. Ein Onkel Von meinem Mann ist da. Er fragt, „Jean hat eine Lebensmittelvergiftung"? „Nein", habe ich gesagt. „Er ist im Büro". „Nein, nein, er hat eine Lebensmittelvergiftung und ist in Spital"! Der Onkel hatte gehofft, Jean Heiratet die Tochter von ihm, und jetzt habe ich den Jean geheiratet! Der Onkel ist froh, dass es dem Jean wieder gut geht, aber Schade ist es trotzdem, dass der Jean schon vergeben ist!
Baba hat damals im Postwagen Briefe und Pakete sortiert , und da kam er nicht immer zur gleichen Zeit heim. Ich war einmal in der Stadt und da lag ein Zettel auf dem Tisch, da hat er geschrieben, „ich kam Heim um das Fraueli zu küssen, aber sie ist nicht da gewesen". Aber dann hiess es wieder, wir gehe nach Wollhausen zurück. Das war schlimm für mich, weil ich mich so auf eine Stadt gefreut habe.

Kinder kriegen und Mutter sein
Dort haben wir zuerst bei Walters gewohnt und dann oben an der Bäckerei und Konditorei bei Niederrösts. Hans ist am 5. August 1925 geboren und Martha im Februar 1928. Baba hat sich sehr gefreut als er erfuhr, dass er auch eine Tochter hat. Am anderen Tag telefonierte er nach Menznau. Die Mutter wollte als erstes wissen wie das Mädchen hiess. Baba hat es gesagt, da hat die Mutter gesagt, so ein blöder Name. Der Mutter hätte Marie viel besser gefallen. Baba war enttäuscht.
Baba hat gesagt, wir müssen wahrscheinlich elf Jahre in Wollhausen bleiben. Aber die Post wählte ihn schon Anfang 1932 nach Kriens (bei Luzern). Wir fanden eine Vierzimmerwohnung in der Alpenstrasse 44 und zogen um. Martha ist jetzt noch da und ich auch! Hans hat noch die erste Klasse in Wollhusen gemacht – er hat gesagt, er habe ja Werner (Lustenberger) zum Spielen! -, und dann kam er auch nach Kriens.
Hans hat damals gesagt, „ich möchte am liebsten Konditor werden, dann könnte ich immer alles ausschlecken". Er ist immer noch „e süesse". Martha hat Lehrer Schweglers Töchterlein Und Margrig Gross zum Spielen gehabt. Martha ist ein scheues Kind gewesen. Wir, das heiss Frau Schwegler und ich, haben für die Mädchen Ditti-Kleider genäht. Röcke von der selben Farbe, Frau Schwegler hat es mir gezeigt. Und dann kam auch Martha in die Schule.
Sie war so scheu, dass ich gesagt habe, „kumm, do hats e netts Meidli, sitzt doch dört he". Und 60 Jahre später treffen sie sich immer noch zwei drei Mal im Jahr und sie habens gut zusammen! In der ersten und ich glaube auch in der zweiten Klasse haben sie Fräulein Lehmann gehabt, und dann andere Lehrer, aber wie sie geheissen haben weiss ich nicht mehr.
Hans war frecher als Martha! Einmal haben die Buben krach gehabt und Hans hat dem anderen einen Zahn abgebrochen. Da haben wir den Zahnarzt bezahlt. Sie waren auch oberhalb Kriens in der Schlucht und haben sich abgeseilt! Vieles habe ich mitbekommen, aber einiges schon. Dann habe ich gesagt, „ohne Znacht ins Bett".
Hans hat immer wieder gesagt, wenn ich nur den Lehrer Los wäre! Er hatte ihn schon 3 oder 4 Jahre lang! Einmal bin ich in Wollhausen gewesen und da hat die Marie erzählt, einige Buben sind in Engelberg in der Klosterschulegewesen und das war gut. Wie ich wieder in Kriens war erzählte ich es Baba. Auch er hat es eine gute Idee gefunden. Wie wir am Abend auf der Terrasse zNacht gegessen haben, fragt Baba plötzlich, „Hans, wenn du uf Engelberg könntisch, was meinsch dogerzue"? „Oh ja! Wann darf ich gehen?" – „Gut, aber wir müssen noch in Engelberg fragen, ob sie dich überhaupt nehmen." Aber nach einer Woche war alles geregelt und Hans ist in Engelberg. Hans hat es gefallen. Er hat in Engelberg schnell Freunde gefunden. Ich weiss nicht was die Buben alles gemacht haben! Sie haben ihn auch gern gehabt. Am Anfang hatte er mühe mit dem Lernen. Aber nach und nach ging es besser, und er hat schliesslich auch die Matur in Engelberg gemacht.
Vater und Herr Schwegler haben ihn fast jedes zweite Wochenende besucht. Einmal bin ich, mit dem Velo!, mitgegangen. Ich habe aber immer Angst gehabt, wenn es runter
Ging. Ich habe so fest gebremst, dass das hintere Rad blockiert wurde. Baba kam auch und hat mit mir geschimpft. Ja, also habe ich es fahren lassen, aber ich bin nie mehr mit dem Velo aus Engelberg gefahren. Wir haben ja noch manche Touren gemacht, aber nicht mehr nach Engelberg! Wir haben die Velos manchmal auch mit in die Ferien genommen.
Einmal waren wir hinter Sankt Antönien in den Ferien. Wir mussten noch andershalb Stunden rauflaufen; da hat es einen Geissenstall gehabt und ein kleines Challee, und da hat es noch keinen Strom gehabt. Wir mussten bei Kerzenlicht ins Bett! In der Wand hat es ein Loch gehabt, da konnte man ins andere Zimmer hineinsehen! Wir sind viel gewandert, was konnte man auch Anderes tun! Und dann hat es Murmeltiere gehabt, wahnsinnig viele Murmeltiere! Gesehen haben wir selten eines, aber gepfiffen haben sie!
Einmal war ich vor den anderen auf einem Grat und da sah ich zwei Gämsen. Wie die anderen kamen, da haben sie reis aus genommen! Sie sind Durch die Felsen hoch und verschwunden, nur noch Steine kamen runter!
Ein anderes Mal hänselte Hans die Martha. Auf der Wiese hatte es viel Kuhdreck. Er hat einen Stecken genommen und Martha gedroht, den Kuhdreck der Martha anzuwerfen. Die Martha ist zu mir gerannt und hat gesagt, „er will mir Kuhdreck anwerfen". Und dann hatte es ein Seelein, gerade an der Grenze zu Österreich. Hans und Martha wollten so gern Bötchen fahren. Ich kann ja nicht schwimmen, aber ich bin trotzdem eingestiegen. Das Wasser ist glasklar gewesen und unter Wasser haben wir sehr viele Felsen gesehen. Dann haben die Kinder angefangen, das Bötchen hin und her zu bewegen. Ich habe natürlich Angst gekriegt, aber die haben weiter gemacht, und Baba hat gelacht und gesagt, „du muss doch nicht so viel Angst haben". Ich bin heilfroh gewesen endlich wieder aussteigen zu können. Die Kinder haben sich natürlich gefreut, dass ich so viel Angst hatte!
An einem Morgen hat Hans dem Pullover irgendwo liegen lassen. Wir haben es irgendwann gemerkt und ihn gesucht. Schliesslich haben wir aufgegeben und sind ins Challee Mittagessen gegangen. Der Wirt hat gefragt, warum seid ihr so spät, und Baba hat ihm die Geschichte erzählt. Da hat der Wirt gesagt, „wenn ihr etwas verloren habt, dann sucht gar nicht danach. Die Murmeltiere riechen alles und bringen es im Nu in Sicherheit"!
Ja, auch diese Ferien sind schön gewesen. Martha hat geweint, wir haben gejauchzt und die Wirtsleute Haben sich gefreut, dass wir es so gut hatten mit den Ferien. Und am Schluss hat sich auch die Martha gefreut, wieder daheim zu sein mit ihren Puppen und Gespanen.
Einmal – im Wallis, ich weiss gerade nicht wo – haben wir gepicknickt. Baba hat das Hemd ausgezogen und auf einen Strauch gehängt, weil er immer so viel geschwitzt hat. Wie wir weiter gehen wollten, da oh je! Das Hemd hat überall Löcher gehabt von den Heugümpern. Hinten hat es Löcher gehabt und vorne und an den Ärmeln! Er hat es fast nicht mehr anziehen können, so kaputt ist es gewesen. Ja, mir ist auch das Gleiche passiert. Baba hat einmal auf einer Wanderung gesagt, „komm, mir wänd d Füess ins Wasser hebe", es häd do e kleins Bächli". Ich habe die Schuhe und die Socken ausgezogen, und wir sassen am Bächlein und genossen es. Die Heugümper störten nicht. Als wir weiter gehen wollten, da habe ich gemerkt, dass Ich am Rock ein grosses Loch gehabt habe! Die Heugümper haben mir das Lock gemacht!
In Arola im Wallis haben wir es auch genossen. Man hat uns zwar gewarnt, es gäbe dort kein Postauto. Man ist also wirklich auf sich allein angewiesen, und wenn ein Kind krank wird und so weiter. Aber wir hatten es gut. Einmal ist Herr Gotier Von Bern gekommen um die Post zu inspizieren. Da hätte man bald Herrn Näf geholt, und der Herr Näf kam nicht mehr zurück. Am Abend mussten wir ihn holen. Er und Herr Gotiers sassen in der Post und tranken Weisswein und unterhielten sich blendend Überhaupt. Engländer hat es dort gehabt. In der Gaststube war etwas los. Die Serviererin ist immer wieder zu den Engländern hinüber, obwohl sie nicht Englisch konnte. ! Da haben sie die Serviererin eingeladen. Da hättet sie aber auch Weisswein trinken müssen!
Baba und Hans sind einmal in eine Hütte, und Martha und ich sind ihnen entgegengegangen. Mont Gollon. Ganz steil hoch, wir haben ein bisschen Angst gehabt. Er hat irgendwann gejauchzt und wir haben sie glücklich wieder gefunden. Im Challee haben wir ein gutes Nachtessen gekriegt, und dann sind wir früh schlafen gegangen, um am nächsten Tag wieder fit zu sein.
Einmal hat der Vater gesagt, „wir gehen jetzt über den Gletscher". Wir sind lange gelaufen. Endlich kamen wir auf den Grad, und Baba hat gesagt, „seht ihr, dort müssen wir über den Gletscher in die Dilisona-Hütte." Wir haben den Gletscher überquert und wir haben auf der anderen Seite einige Wanderer getroffen. Sehr weit sind wir an dem Tag gewandert, und wir sind froh gewesen wieder Im Challe zu sein, zu Abend zu essen und ins Bett zu gehen!
Ein anderes Mal war das Hotel und das Essen so gut! Hühner und Fisch und Fleisch zwei Mal pro Woche und immer ein gutes Dessert! Hans konnte gewöhnlich die Schüssel ausschlecken! Die Kinder haben dort gespielt, an einem Bach haben sie des Wasser gestaut und aus Papier kleine Schiffe gemacht. Herr und Frau Beau haben auch im gleichen Hotel logiert. Frau Beau war ein bisschen kränklich, aber Herr Näf und Herr Beau und Hans und ich wollten trotzdem auf die lange Fluh. Frau Beau hat gesagt, „dann bleibe ich und Martheli unten und ihr geht auf die Lange Fluh". So haben wir es dann auch gemacht, und wie wir wieder im Hotel waren, da hat Martha gestrahlt, „weisst du, wenn ich etwas will, dann heisst es immer, geh die Mutter fragen, aber wenn ich dich frage, dann heisst es immer Nein. Ja, ich war streng mit dir, gäll!"
Wir waren auch einmal an ich weiss grad nicht wie der See geheissen hat. Dann haben sie eine Staumauer gebaut. Viele Jahre später sind Baba und ich noch Mal oben auf der Staumauer gestanden. Baba musste immer Laufen, und da fuhr das Postauto ohne uns wieder ins Tal hinab. Ja, da mussten wir zu Fuss gehen. Aber da hielt ein Wagen und der Chauffeur hat gesagt, „stieget i. Ich fahr eineweg ins Tal". Wir waren natürlich zu spät zum Mittagessen.
Wir waren auch noch an anderen Orten. Baba ist lieb gewesen mit uns und er hat immer einen Plan gehabt, wo wir das nächste Mal hin können. Einmal waren wir im Tessin. Wir haben ein einfaches Hotel gefunden. Das Essen ist nicht so gut gewesen, wie Froschschenkel oder so. Aber die Wirtsleute gaben uns ein altes Boot. Und wir suchten einen Platz zum Schwimmen lernen. Ich habe probiert, aber ich hatte zu viel Angst. Mit dem Schwimmring habe ich es gekonnt, aber sonst nicht. Der Baba hat mich ein bisschen getröstet und zu mir gesagt, „weisst du, die Hauptsache ist, wenn Martha und Hans Schwimmen lernen." Zwischendurch haben Baba und ich ohne die Kinder ferien gemacht. Martha und Hans haben es auch bei Tante Marie und den Kindern schön gehabt.
Hans war in der Zeit in Engelberg. Der Vater hat ursprünglich Martha aufs Gymnasium in Luzern schicken wollen. Martha wäre am besten in die Sek in Kriens gegangen. Amreins haben uns dann geraten, die Martha ins Institut in Fribourg zu tun. Martha hat es in Institut nicht sehr gefallen. Die Martha hat man gar nicht gefragt. Sie hätte am liebsten Kinderschwester gelernt. Aber das kam nicht in Frage, denn Man verdiente als Kinderschwester so wenig. In Fribourg hat sie am Schluss eine Handelsmatur gemacht. Sie hat auch sehr schön Klavier gespielt, aber Klavierlehrerin wollte sie nicht werden, weil sie dann immer wieder öffentlich auftreten musste.
Ja, ich muss noch eine Sache erzählen. Wir sind einmal im Dörflein Platten oben an Brigg in den Ferien gewesen. Hans ist nicht mitgekommen, also haben Bekannte von uns Gefragt, darf Alex, der Sohn, mit uns kommen. Er war ein bisschen jünger als Martha. Am Abend haben wir gejasst! Das ist zu und her gegangen! Wir haben viel gelacht, aber dann hat Baba gesagt, „Schluss jetzt, wir müssen früh raus, also huschhusch ins Bett mit euch".
Einmal sind Baba, Herr Willi, Alex und Martha Aufs Sparhorn gewandert. Ich und Lorli waren unten auf der Bellalp geblieben und haben gewartet. Einen Rucksack haben wir auch gehabt. Jetzt kamen die Geissen! Die schnupperten am Rucksack, und wir dachten, „dann gehen wir zur Kapelle, da hat es einen Haht drum und ein Gätterchen, da sind wir sicher vor den Geissen". Wir haben das Gatter zugemacht und haben uns auf eine Bank gesetzt. Aber die Geissen haben einen Satz gemacht und sie waren wieder da. Es kamen einige Menschen und wir fragten, ob sie nicht zwei Männer und zwei Kinder gesehen haben. „Doch doch, sie kommen, aber es geht noch ein Weilchen. Sie haben es nicht Eilig".
Endlich haben wir sie gesehen. Herr Willi hat gesagt, „wir gehen in die Beiz das Ereignis mit einem Gläschen Wein feiern". Aber die Geissen folgten uns und während dem wir im Garten sassen und unser mitgebrachtes auspackten, sprangen die Geissen auf den Tisch, Um vielleicht trotzdem noch etwas zu bekommen.
Wir haben es lustig gehabt, aber dann mussten wir aufbrechen um am Abend im Hotel in Platten zu sein. nach dem Abendessen gab es Tanz! Einer hat Martha aufgefordert zu tanzen; er hatte ein verschwitztes Hemd, aber schön war es doch! Aber dann war es uns doch ein bisschen zu viel! Wir sind zum Saal rauf und ins Bett! Dann haben wir ein Telefon gekriegt, mein Bruder Heinrich ist gestorben. Da mussten wir Heim. Herr und Frau Willi bin auch gestorben, aber der Alex ist noch da und wir sind mit ihm immer noch verbunden.
Einmal haben wir abgemacht, wir treffen uns in Äschlismatt oder in Hasli beim Brünig. Ich konnte jetzt auch Velo fahren! Hans und Martha waren im Landdienst oder so, und Hans musste Bohnen ernten; er hat andauernd geforzt. Sie kamen dann auch. Hans fuhr voraus und Martha kam fast nicht mehr hinterdrein! Endlich sind sie in Hasli angekommen, und Fritz Wicki hat Guzzi und alles auf den Tisch bestellt. Dann haben wir uns von Wickis verabschiedet, weil wir noch nach Wollhausen zur Tante Marie Wollten. Und dann noch Mal aufs Velo gestiegen und über Malters und Ränkloch nach Kriens. Die Bohnen plagten Hans immer noch!
Also die Kinder sind im Landdienst im Welschland gewesen. Martha hatte es gut, weil die Familie so musikalisch gewesen ist, und sie hat auch Verehrer gehabt -, ja, ja.

Ausbildung der zwei
Hans musste ja im Sommer 1945 in die Rekrutenschule. Er wollte ganz im Militär bleiben, aber nachdem er eingerückt ist und auch mit Baba darüber gesprochen hat, da hat der Hans sich umentschlossen. In der Rekrutenschule konnte er am Abend heim nach Kriens. Ich habe ihm dann nochmal Abendbrot gemacht, weil er so Hunger hatte! Er hat damals kein Fleisch essen wollen. Er hat weitergemacht, also zum Schluss ist er Offizier gewesen. Da hat er eine Gruppe Soldaten Über den Rosenlauigletscher geführt Und in ein Steiles Coulvoir gebracht, und da hat ein Soldat sich nicht mehr auf den Beinen halten können. Dummerweise hat Hans den hinter sich gehabt, nicht vor sich. Da hat Hans auch das Gleichgewicht verloren und sich sind dreihundert Meter tiefer mit wahnsinnigem Schwein gelandet.
Martha hat in Fribourg die Handelsschule gemacht, und Baba hat gemeint, Martha könnte doch für ein halbes Jahr nach England, da Baba vor dem ersten Weltkrieg in England gewesen und bei der Familie gewohnt hat. Baba hat geschrieben und der Vater hat zurückgeschrieben, die ganze Familie würde sich freuen! Ja dann: Kaum war Martha wieder in Kriens da hat es geheissten: Koffer packen und ein halbes Jahr nach England, und dann hat Baba gesagt, Jetzt musst du dir eine Stelle suchen. Sie konnte beim Frigor-Ex im Welschland anfangen. Die hätten es sehr gern behalten, aber sie wollte nicht. Martha machte noch ein halbes Jahr einen Kochkurs in Zürich, und dann arbeitete sie in einem Architekturbüro in Luzern oder Umgebung. Baba hätte lieber gehabt, wenn Martha etwas Kaufmännisches gemacht hätte, aber jä nu!

Martha Näf heisst jetzt Martha Hofmann
Einmal hat Martha einen Willi Hofmann mitheimgebracht! Baba ist vielleicht ein bisschen eifersüchtig gewesen auf den Konkurrenzen, aber schliesslich haben Martha Näf und Willi Hofmann am 26. April 1954 geheiratet. Sie haben gleich gegenüber eine Wohnung gefunden. Als sie von der Hochzeitsreise zurück waren arbeitete Willi als Erstklasslehrer In Kriens. Plötzlich musste man Lismen und einige Zeit später kam Mariann Hofmann auf die Welt!
Mariann war gesund, aber Martha erholte sich nicht. Sie hat immer wieder Schwindelanfälle gekriegt und sich nicht Im Stande gefühlt, irgendetwas dagegen zu tun. Einmal waren Martha, Willi und die Kleine in Lungern in den Ferien. Baba und ich sind einige Tage zu ihnen gekommen. Alle, auch Familie Gasser, haben sich gefreut. Der Sohn der Familie war damals Lehrer und wenn er heim gekommen ist, dann hat Mariann nur noch Loi gesehen! Wir Grosseltern konnten die Mariann hin und wieder im Wägeli mitnehmen um d Eltern zu Entlasten. Das waren schöne Ferien!
Baba hatte ja kürzlich das Haus in der Alpenstrasse 44 gekauft, und da hat Willi eines Tages gefragt, ob sie nicht die Wohnung im Parterre haben könnten. Da haben wir den Grossens gekündigt und Willis sind eingezogen, und wenig später hat Martha ein Bübchen gekriegt. Das war eine grosse Freude! Mariann hat das Bübli immer herum getragen und wollte spielen! Auch später haben sie viel gemacht.

Und Hans?
Hans und Annemarie Haben am 7. Februar 1953 in Genf geheiratet. Hans wurde Sekundarlehrer in Meggen. Annemarie hat Fräulein Doktor Federer als Ärztin vertreten und im Spital von Solothurn gearbeitet. schon Schnell kam das erste Kind! Thomas war noch nicht einjährig da konnte er schon Laufen und die ersten Worte sprechen. Er redete ununterbrochen und war auch sonst ein fröhliches Kind. Damals wollte Hans ein Jahr in offizieller Mission nach Korea, Um den Waffenstillstand von Nord- und Südkorea zu überwachen. Martin, das zweite Kind, kam.
Während Hans in Korea war merkte Annemarie, dass mit den Augen Martins etwas nicht stimmte. Vor Weihnachten 1955 ging sie darum ins Augenspital nach Zürich, und da bestätigten die Ärzte, dass etwas nicht in Ordnung war. Annemarie musste von da an mit Martin immer wieder nach Zürich zur Kontrolle.
Im Militär hat man Hans eines Tages gefragt, was er studiert habe, Er hat gesagt, Psychologie. Einige Zeit später hat man ihn aufgefordert, sich doch in Basel zu bewerben, da werde erstmals eine Stelle für einen Schulpsychologen ausgeschrieben. Während dem kam ein drittes Kind auf die Welt, noch in Meggen, also Annemarie gebar das Kind natürlich im Spital in Luzern!
Werner ist ganz Schwarz auf die Welt gekommen. Annemarie ist ja in China geboren und erst als Fräulein nach Zürich gekommen zum Studium. Sein Vater ist im Esas aufgewachsen; leider ist er früh gestorben, und Mutter musste die drei Kinder in Peking alleine aufziehen, die Rosi, die Annemarie und die Marthe! Ja, und dann sind sie nach Basel gegangen. Er hat viel Arbeit gehabt; am Schluss hat er gekündigt, und viele Menschen haben ihn ermuntert, doch eine eigene Praxis aufzutun. Und das hat er dann gemacht! Annemarie hat eine Stelle in der Sando bekommen.
Thomas war schon in der Schule, aber Werner und Martin waren noch daheim. Die Oma Lu kam damals auch nach Basel, weil sie Nicht mehr in Peking bleiben Konnte. Und die Oma Lu ging jetzt mit den Buben in den Sankt Alban Park. Wir haben eine leere Wohnung über uns gehabt, und da haben Annemarie und Hans die Idee gehabt, diese Wohnung zu mieten. Baba ist einverstanden gewesen und da hat ein rechtes Leben angefangen!
Der Werner hat immer wieder zu weinen angefangen und ist zu Mimi rauf und sie hat ihn getröstet. Die anderen haben über ihn gelacht. Dann ist Werner wieder in den Garten gegang und die Kinder haben weiter gespielt. Vor allem dem Rasen ist es übel ergangen. Ich musste manchmal schimpfen, weil sie so gern Fussball spielen wollten. Ja, ein paar Jahre haben sie eine Ferienwohnung gehabt! Ja, die Oma Lu ist auch in Kriens gewesen, und sie hat die Kinder gehütet, wenn Annemarie und Hans nicht in Kriens waren. Sie hat niemanden mehr gehabt ausser Näfs in Basel ...