An Yvonne B. und Johanna M., 16. Mai 1997, San Diego
Mein Gefühl hat mir diesen einigermassen strapaziösen Auftrag gegeben: geplant habe ich das nicht! Jetzt also San Diego, wo wir gestern Cathrins Befreiung von Schuldienst gefeiert haben (eine Geschichte für sich). Vorher noch einmal (für einen Tag) Ojai und für einen Tag Santa Barbara. Dort war ich Gast einer äusserst spannenden Frau -, einer 82-jährigen politischen Aktivistin: Kommunistin in den späten 40er und 50er Jahren, seither in tausend sozial und ökologisch engagierten Kommittees etc. immer an vorderster Front in Sachen Weltverbesserung. Sie legt sich jetzt einen Computer zu, sodass wir bald einen auf Elektropost machen können. Wirklich eine spannende und inspirierende Frau; auch ermutigend zu sehen, dass alt werden nicht notwendigerweise Ausplämpern der Aktivität und Stillstand bedeutet. - Vor Santa Barbara war ich in San Jose, wo ich schon Ende März war. Naja, die Beiden dort müssten scheiden, aber eben: scheiden tut weh und deshalb sind sie noch zusammen ... alles eher bedrückend. Dann, vor San Jose (wir gehen die letzten Wochen im Krebsgang durch!): San Francisco. Sehr schön! O, ganz nah beim Hotel hat die ganze Zeit (vier oder fünf Wochen), in der ich in San Francisco war, der zärtlichste Mann gewohnt, den ich bis jetzt kennen gelernt habe, und wir sind uns erst am zweitletzten Abend in dieser Stadt begegnet! - Erst? -, klingt da Bedauern mit? Ja und nein. Dass wir uns begegnet sind war sau schön!!!! Die schönste Nacht meines Lebens, was Zärtlichkeit, Sexualität etc. angeht! Brrr! Sehr schön. Ich bin noch immer ganz erfüllt und beflügelt! Tja und davor Davis, Eugene und Portland! Ja, Hanna: Bei den Puppy Dogs war's sehr schön, auch sehr schmusig! Scott, mit dem ich vorher ja einmal telefoniert hatte, hat sich als wirklich sehr sympathisch und interessant herausgestellt; die ganze kleine Gruppe (6 oder 7 Leute - sprich Männer) sehr warm und gastfreundlich, eben wie so ein Wurf junger Hunde. Ja, da ist der alte Knochenbeutel, mein Leib, also reichlich auf seine Rechnung gekommen! Die dürre Haut wurde gestreichelt und das Fleisch lebte auf und fühlte sich an! Und das war gut so!
Jetzt stresst der Mensch - der Reisende - dem andern Ufer zu, denn - o Neuigkeit, o Jubelwort -! an Atlantens weiten Küsten wartet ihm das heimwärtsweisende Boot! Hoch im Winde flattern lockend die weissen Segel zur Abfahrt bereit, auf dass er die Planke betrete am 10. Tag des kommenden Mondes! Ford Luderdale heisst die Feste, in welcher das stramme Boot den dröhnenden Wassern entgegen harrt, und Gilbraltar ist der erkorene Endpunkt der Reise!
Es hat also geklappt! Ich werde am 10 Juni in See stechen, und bin ca. am 12. Juli in Gibraltar! Super!!!!!!! Ich freue mich total. Bis zum 10. habe ich jetzt allerdings noch ein ziemliches Mammutprogramm vor mir: ich will noch eine weitere Schwulenkommune in New Mexico besuchen, dann evtl. noch einmal für zwei Tage nach Tenessy (Abschiednehmen). Von dort mache ich dann noch einen Schlenker nach New York, um mich Jeff zu treffen (eine Geschichte für sich!) ... Wenn alles so geht, wie ich es mir jetzt zurecht gelegt habe, bin ich am 8. Juni abends in Ford Lauderdale, sodass wir dort noch einen Tag Zeit haben, um letzte Dinge einzukaufen, uns kennenzulernen etc.! Da ich auch jetzt nicht fliege steht mir ein ziemlich reichliches Busfahrpaket ins Haus! Aber was soll's. Jetzt bin ich hier und erholen kann ich mich ja dann auf den Wellen des Atlantiks.
Heute Nachmittag mache ich einen kurzen Abstecher nach Mexico; am Mittwoch Vormittag habe ich mir dann noch eine (erste und letzte) Windsurf-Lektion organisiert. Für mehr hat es leider nicht gereicht.
So Jetzt ist auch Cathrin aufgestanden, und ihr stönen lässt vermuten, dass es ihr noch immer nicht besser geht. Sie ist nach ihrer Liberations-Party völlig krank geworden. Kotzen und Scheisen und Magenkrämpfe! ... Darum! Tschüss für jetzt und vermutlich für länger! Habt's gut und bis relativ bald wieder life!
