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Lieber Gilles - 21. März 2012


die Boys haben eben mit dem Fächeln aufgehört. Sie wollen
mehr Geld. Danach fächeln sie gerne weiter ...


Ich bin gesund und einigermassen munter in Gambia angekommen. Die Reise mit Amadou und ousmane von Nouakchott bis hierher war gut und interessant. Mein Afrikaenthusiasmus macht allerdings eine ziemliche Abmagerungskur durch. ich bin ein Workoholiker und will, wo ich ein "Problem" sehe immer gleich anpacken, wobei ich natürlich stets auf Mit-Anpacker hoffe. Meine Träume fliegen schnell hoch und die Liste der Dinge, die man tun könnte und müsste wird schnell lang. Damit stehe ich schon in der Schweiz meist ein wenig im Off-Side, und hier finde ich vollends niemanden, der auf diese Weise arbeiten will oder kann. ZB Gambia! Spannende Ideen, grosse Möglichkeiten, sau nette Leute, aber eine Gemütlichkeit im Umgang (und Ertragen) der Probleme, die mich nervös macht.

Also reläxen und geniessen! Doch auch das ist nicht einfach. Die Menschen, mit denen ich hier bin, sind biedere Muselmänner (nicht Muskelmänner), die nichts von fächelnden Boys wissen wollen! (Ich habe in der Schweiz deshalb eine feste Freundin, der ich Treue gelobt habe ...). tja und sonst? Auf der Matte unterm Mangobaum sitzen und zuschauen, wie die Zeit vergeht ... die Zeit, die man doch für so viel nutzen könnte ... Also mit dem Luft zufächern ist's nichts, mit dem Arbeiten auch nichts. Bleibt das Reisen als Abenteuer.

Aber auch da klemmt's. Wie eiserne Absperrgitter stehen die Warnungen vor
entführungsgefahr und Terrorismus auf jedem irgendwie spannenden Weg. Wenn's nach den internationalen Medien ginge, so müsste ich sofort einen Flug nach ZH buchen und Afrika vergessen.

Dazu kommt die Schwierigkeit an konkrete Infos über Orte, Distanzen etc. heranzukommen. Auch hier sitzt man gerne vor einem Problem und betrachtet in geduldiger Gottergebenheit sein Nicht-Wissen. Atlanten sind ebenso wenig ein Thema wie Google Earth oder Google Maps ... Auch Freunde, die sich auskennen, hat man nicht ... Ich möchte gerne per Schiff den Gambiafluss rauf und im Landesinnern irgendwann per Buschtaxi rüber nach Bamakko ... O nein. Ich soll docch fliegen oder mit
dem direkten Bus von hier (Banjul) nach Bamakko, das sei viel einfacher und weniger gefährlich ... Du siehst, das Ganze ist komplizierter als daheim am Küchentisch.



Copy Martin Näf 2012